Unter dem Titel „Perilous Hope – A Documentary on Refugees“ präsentiert die Berliner Galerie Hilaneh von Kories vom 21.05.2016 bis zum 30.06.2016 Fotografien des deutschen Fotografen Neal McQueen.
Noch nie waren seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs weltweit und vor allem auch in Europa so viele Flüchtlinge unterwegs, wie heute. Täglich hören und lesen wir in den Nachrichten und Berichten über Fluchtrouten, Schlepper, dramatische Situationen und das oftmals tragische Scheitern vieler Fluchtversuche. Anders als viele Bildjournalisten, die der europäischen Flüchtlingskrise eine visuelle Wahrnehmung geben, versteht sich Neal McQueen eher als unabhängiger Fotograf, als humanitärer Aktivist.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Neal McQueen mit gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in Europa. Viele Male ist er in den letzten zwei Jahren nach Griechenland gereist. Im Frühjahr 2016 arbeitete er an der griechisch-mazedonischen Grenze in Idomeni. Insbesondere dieser Ort hat internationale Aufmerksamkeit erhalten, stauten sich doch in diesem kleinen Grenzort nach Schließung der so genannten Balkanrouten tausende von verzweifelten Flüchtlingen, denen die Weiterreise verwehrt wurde und die so gezwungen waren unter unmenschlichen Bedingungen in der Grenzregion auszuharren. Aufgrund seiner Erfahrungen mit der schockierenden Situation syrischer Flüchtlinge in Athen hatte McQueen bereits im Sommer 2015 beschlossen, sich intensiver mit der Flüchtlingskrise auseinanderzusetzen. Im Herbst 2015 kehrte er erneut nach Athen zurück, reiste dann weiter auf die Insel Lesbos. Innerhalb weniger Tage wurde ihm das Ausmaß der humanitären Krise deutlich und so beschloss der Fotograf, dort zu bleiben. Lesbos ist seit dem Sommer letzten Jahres einer der zentralen Flüchtlingsorte im östlichen Mittelmeer. Nur zögerlich wurden die örtlichen Stellen durch internationale Hilfe unterstützt, so dass die Bedingungen auf der Insel kaum erträglich sind. Zwar waren auch andere griechische Inseln wichtige Anlaufpunkte und die Routen änderten sich beständig, doch landeten vor allem auf Lesbos die meisten Flüchtlinge: jeden Tag mehrere tausend Menschen. Und jeder dieser Menschen hat sein eigenes Schicksal, seine eigene Geschichte, die ihn zu der lebensbedrohlichen Überfahrt nach Europa getrieben hat. Der einzelne Mensch verschwindet hinter den Zahlen und Statistiken der Presseberichte allzu leicht. Mit seinen empathischen Fotografien gibt McQueen auch dem Einzelnen wieder ein Gesicht, eine Wahrnehmung. Darüber hinaus begleitet er fotografisch die Bewegung der privaten Volunteers, beobachtet und unterstützt das Entstehen und Wirken neuer NGOs und wirft dabei immer auch einen kritischen Blick auf das Verhalten der etablierten großen staatlichen Institutionen.
„Die Fotografie hat mich verändert, hat mich als Mensch wachsen lassen, meinen Blick auf die Welt verändert. Wenn ich mit einer Kamera arbeite, bin ich fokussiert wie in einer Meditation. Seit April 2015 arbeite ich nahezu ausschließlich an dokumentarischen Projekten, wobei ich meine Rolle viel mehr als humanistischer Aktivist begreife denn als Journalist.“ (Neal McQueen)
Auch wenn in Deutschland derzeit weniger Flüchtlinge ankommen, als noch vor ein paar Monaten, so wird uns das Thema auch weiterhin beschäftigen. Dass sich Europa ändern wird, ändern muss, ist mittlerweile jedem klar. Fotografien dokumentieren das historische Versagen unserer Zivilisation in dieser Flüchtlingskrise. Fotografien sind das wirkungsvollste Medium, wenn es darum geht, fremde Erfahrungen zu vermitteln. Denn das, was wir nicht sehen, kann umso leichter verdrängt und vergessen werden. Auch McQueens Fotografien sind daher notwendig. Sie fordern von jedem Betrachter eine Haltung ein. „Das Bild sagt: setz dem ein Ende, interveniere, handle. Und dies ist die entscheidende, die korrekte Reaktion.“ (Susan Sontag; aus: Das Leiden anderer betrachten, 2003)
Die Fotografien des Non-Profit-Projektes von Neal McQueen werden zum ersten Mal in einer Galerie ausgestellt. Sein Werk ist geprägt von der Unmittelbarkeit, der persönlichen Nähe zu den von ihm porträtierten Menschen und ihren dramatischen Lebensverhältnissen. Präsentiert werden die Fotografien und Texte auf großen Papierfahnen um somit den spontanen, direkten Entstehungsprozess der Aufnahmen zu unterstreichen.
„Quo Vadis Europa“: Die zweite Serie, die in der Galerie Hilaneh von Kories präsentiert wird, entstand zwischen April und Juni 2015 und ist ein Einblick in das noch nicht abgeschlossene Langzeitprojekt des Fotografen, in dem er auf der Suche nach neuen Blickwinkeln und Inspirationen quer durch Europa reisend, die unterschiedlichsten Menschen und Persönlichkeiten zu ihrer Meinung über das heutige Europa befragt. Seine eindringlichen fotografischen Schwarzweiß-Porträts werden von umfangreichen Interviews begleitet, so dass sich auch für den Betrachter die Vielstimmigkeit Europas widerspiegelt.
Biografische Angaben: Neal McQueen (*1969 in Hamburg) interessierte sich schon als Jugendlicher für die Fotografie: mit vierzehn Jahren erhielt er von seinem Vater, einem viel gereistem Kapitän, eine russische Kamera-Ausrüstung. Wichtiger sollte jedoch zunächst die Musik werden. Als Sänger, Instrumentalist, Songwriter, Produzent, Toningenieur und DJ war McQueen für über 25 Jahre in den verschiedensten Genres der Musikszene unterwegs, bis er 2011 wieder zurück zur Fotografie fand. Seine fotografischen Themen, die er zunächst bevorzugt in analoger Technik erarbeitete, werden aktuell fast ausschließlich mit digitaler Ausrüstung umgesetzt, dabei ist er aber seiner Vorliebe zum schwarzweißen Bild treu geblieben. Als unabhängiger Fotograf konzentriert sich McQueen seit April 2015 vor allem auf dokumentarische Projekte.
Blog zum Projekt „Perilous Hope“: http://periloushope.tumblr.com
Blog zum Projekt „Quo Vadis Europa“: http://quo-vadis-europa.tumblr.com
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Neal McQueen
Perilous Hope - A Documentary on Refugees
21. Mai bis 30. Juni 2016
Öffnungszeiten:
Dienstags bis Freitags 14–19 Uhr
Samstags 12–15 Uhr
und nach Vereinbarung
Galerie Hilaneh von Kories
Belziger Straße 35
10823 Berlin
Fon: +49 (30) 787 13 65 0
mail@galeriehilanehvonkories.de
www.galeriehilanehvonkories.de